École des chartes » ELEC » Landesherrliche Kanzleien im Spätmittelalter » Abriß der Geschichte der mährisch-markgräflichen Kanzlei der luxemburgischen Sekundogenitur
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[p. 337] Abriß der Geschichte der mährisch-markgräflichen Kanzlei der luxemburgischen Sekundogenitur

Die Kanzleiverhältnisse der mährischen Markgrafen aus dem Stamme der Přemysliden vom Ende des 12. bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts entsprechen den böhmisch-mährischen Zeitverhältnissen, d.h. sie widerspiegeln bereits die Ansätze einer strafferen Organisation; sie waren auch Gegenstand diplomatischer Forschung, wobei das entsprechende Material im Codex diplomaticus et epistolaris regni Bohemiae Bd. 2 ff. modern herausgegeben und analysiert wurde. Doch war jener Zeitraum kein einheitliches Ganzes, da die direkte Regierung des böhmischen Königs, der dabei seine königliche Kanzlei benutzte, keine kontinuierliche Entwicklung der Institution zuließ. Als ausgeprägte Zeitspanne am Anfang ist vornehmlich die Regierung Vladislav Heinrichs (1197–1222) zu nennen1, während später meist der böhmische Herrscher die Markgrafenwürde trug2.

Obwohl die Regierungszeit Vladislav Heinrichs noch den Jahren angehört, in denen die meisten Urkundenausfertigungen als Empfängerarbeit zu bezeichnen sind, hat schon Gustav Friedrich nachgewiesen, daß die beiden Kapelläne, die von Zeit zu Zeit auch Notare genannt wurden, auch Kanzleigeschäfte führten. Selbstverständlich nicht kontinuierlich, so daß die „Kanzleiverhältnisse‟ als sehr bescheiden anzusehen sind; es war ja auch die Zahl der Schriftstücke recht beschränkt. Die Urkundenemission stieg dann in der Regierungszeit des Markgrafen Přemysl (1225–1239) bedeutend an, doch sind es immer nur Einzelstücke pro Jahr. Und dasselbe gilt für die Markgrafenzeit [p. 338] Přemysl Ottokars II. (1247–1253)3. Die engen Beziehungen der Kanzlei, die eher als „Kanzlei‟ bezeichnet werden sollte, zur Kapelle sind leicht zu erkennen, ebenfalls der direkte Draht zu den Kanzleieinrichtungen des böhmischen Königs4. Merkwürdig dabei ist das Privileg des böhmischen Königs Přemysl I. für den Propst der Olmützer Kirche von 12075, in dem diesem die mährische Kanzlerwürde erteilt wird, die weder Bindungen zur markgräflichen Kanzlei, noch zur königlich böhmischen aufweist. Doch ist dies von den böhmischen Herrschern bis ins 14. Jh. hinein wiederholt konfirmiert worden. Es muß also eine Art Auszeichnung dieses hohen kirchlichen Würdenträgers gewesen sein, die wahrscheinlich mit gewissen Einkünften (die nicht mehr feststellbar sind) verbunden war und die engen Verbindungen mit Prag pflegte und stärkte.

Nach weiteren rund drei Jahrhundertvierteln der direkten Unterordnung des Markgraftums Mähren unter die Prager Herrscher wurde die Markgrafenwürde 1330 von Johann von Luxemburg seinem Sohn Karl, dem späteren Karl IV. erteilt, der aber als Vertreter seines meist verreisten Vaters in dieser Würde auch in Böhmen regierte, und dessen markgräfliche Kanzlei den Grundstock seiner (ab 1346) Hofkanzlei bildete6. Diese Kanzlei fällt bereits in völlig geänderte Verhältnisse und stellt ein relativ hochentwickeltes Verwaltungs-, ja Regierungszentrum und -instrument vor, das auch mit der Kapelle kaum etwas gemeinsam hatte, und dessen Personalzusammensetzung wichtige Streiflichter auf die Geschichte von Karls Hof wirft7. Doch auch [p. 339] diese Kanzlei soll hier nicht untersucht werden, da sie aus mährischer Sicht isoliert dasteht und mit der späteren Entwicklung nichts gemeinsam hat.

Erst nach weiteren drei Jahren entschloß sich Karl, in Mähren eine luxemburgische Sekundogenitur ins Leben zu rufen, die dann in kontinuierlicher Weise in den Jahren 1350–1410 (bzw. Anfang 1411) auch – oder eher an erster Stelle – ihre Kanzlei ausbaute, die bald zu den vornehmsten der ganzen Böhmischen Krone gehörte, wie es dem Umfang der Regierung entsprach. Leider sind keine nennenswerten Forschungen über sie zu verzeichnen8, obwohl eine Rahmenevidenz des eigenen urkundlichen Materials – in ziemlich unkritischer Weise – schon lange innerhalb des Codex diplomaticus et epistolaris Moraviae vorliegt9. Ihre Kanzleigeschichte zerfällt in zwei Zeitabschnitte. Den ersten bildet die Regierung von Karls Bruder Johann Heinrich (1349–1375), die zweite die seiner Söhne Jodok († 1411), Prokop († 1405) und Johann Soběslav († 1394); letzterer schied als geistlicher Fürst bald aus, und auch Prokop ist eine Randfigur geblieben. Die Brüder standen miteinander ständig in Streit, während Markgraf Jodok, der die eigentliche markgräfliche Kanzlei führte, auch verfassungsrechtlich die Schlüsselfigur bildet. Auch allgemeinpolitisch waren die Verhältnisse beider Epochen recht unterschiedlich. Der Einklang von Johanns Interessen mit denen von Karl einerseits, Wenzels ständige Streitigkeiten mit seinen Vettern anderseits prägten die äußere Geschichte des Zeitalters, was auf verschiedene Weise, wenn auch meist indirekt, auch die Kanzleigeschichte bzw. ihre Kompetenzen beeinflußte, im [p. 340] Itinerar Widerspiegelung fand und in der Zahl, Frequenz und schließlich auch im Inhalt der ausgestellten Urkunden zu merken ist.

Da sich Johann Heinrich jahrelang in den Alpenländern niederzulassen versuchte und erst in den letzten Tagen des Jahres 1349 mit der Markgrafschaft Mähren belehnt wurde10, sind die Anfänge seiner mährischen Kanzlei erst zu Beginn des Jahres 1350 zu suchen. Aber da er zuvor in Karls IV. Abwesenheit vom Königreich Böhmen dessen Verweser im Lande gewesen war und unter seinem Namen mehrere Urkunden belegt sind, ist es einleuchtend, daß er schon vorher über zumindest bescheidene Kanzleieinrichtungen verfügt haben muß. Von denjenigen aus seiner Wirkungszeit in Tirol und Kärnten (bis November 1341), die als bloße Episode bezeichnet werden muß, soll völlig abgesehen werden. Denn einerseits sind die Belege nicht sehr häufig, anderseits gehört diese Problematik eindeutig in die Zusammenhänge und den Rahmen der österreichischen Entwicklung.

Nach der Vertreibung aus den Alpenländern hält sich Johann Heinrich meist in Böhmen auf, benützt ständig seine Kärntner-Tiroler-Görzer Titulatur (freilich mit Schwankungen in der Aufzählung) und tritt in öffentlichen Angelegenheiten meist als Mitaussteller seines Vaters bzw. Bruders auf. Die Mitausstellerschaft betrifft allerdings in erster Linie staatsrechtliche Geschäfte, doch sagen diese auch einiges über seine Spezialkompetenzen bzw. Vermögensdispositionen aus, über seine konkrete Rechtsstellung erlauben sie aber kein genügend klares Bild. Erst in den Jahren von Karls längerer Abwesenheit vom Erbkönigreich, vielleicht schon in der Zeit vom Herbst 1347 bis Februar 1348, sicher während der ersten neun Monate des Jahres 1349, ist er als Karls formeller Statthalter in Böhmen bezeugt11; aus dieser Würde sind etliche seiner Urkunden abzuleiten, die die Ausübung seiner Herrschaft in mehreren Verwaltungsbereichen bezeugen, obwohl er dafür keinen förmlichen Titel benützte12. Da die Überlieferung der Stücke aus jenen Jahren [p. 341] sehr mangelhaft ist, kann man von einem Schriftvergleich vorläufig keinen Nutzen ziehen. Um so wichtiger sind deshalb vier Urkunden, die aus der Zeit vor seinem Markgrafenamt stammen, einen förmlichen Kanzleivermerk der Relationskonzeptart bringen und erste Einblicke in die Zusammenstellung seines Kanzleipersonals gewähren. Förmliche Kanzleivermerke sind in jener Zeit bei uns nur in Herrscherurkunden zu finden – auch hier in der Zeit vor 1355 noch nicht ganz regelmäßig13 –, so daß sie besonders hervorgehoben werden müssen. Sie signalisieren die enge Beziehung zur Umgebung von Karls Hofkanzlei und zugleich die Bestrebung, sich die modernen Errungenschaften der Verwaltung zu eigen zu machen. Ihre Struktur ist so, daß sie den Auftraggeber mit der ausführenden Person nennen. Als Auftraggeber ist dreimal Johann selbst bezeugt (Per d. ducem), einmal eine nicht vollständig genannte Person, deren Namen mit großem Vorbehalt mit dem Buchstaben W beginnt14. Interessanter sind die Formulationen über die ausführenden Beamten. Die erste Urkunde informiert über einen gewissen H. Cruss, die zweite und vierte über einen Beamten, dessen Sigle B lautet, die dritte schließlich über einen Kanzler ohne Namen. Ob diese Person mit einem der beiden bloß durch ihre Initialen bekannten Notare identisch ist, läßt sich nicht entscheiden, doch geht daraus klar hervor, daß es sich nun um eine förmlich geschlossene Kanzleieinrichtung gehandelt haben muß, die ihren eigenen Vorsitzenden und mindestens einen höheren Beamten besaß. Da aus jüngerer Zeit – bereits nach dem förmlichen Erwerb des mährischen Markgrafentitels – zwei Beamte mit dem Anfangsbuchstaben B ihres Vornamens nachgewiesen sind15, ist es wahrscheinlich, daß einer von ihnen mit jenem identisch ist, so daß wir wohl annehmen dürfen, daß hier eine Kontinuität existierte, deren Wurzeln irgendwohin in die Anfänge der vierziger Jahre reichen. Um die markgräflich-mährische Kanzlei handelte es sich freilich erst ab Anfang 1350, von welchem Jahre an Johann Heinrich in Brünn zu residieren und von dort aus die Landeshoheit auszuüben begann.

Der weitere Verlauf der Dinge war so, daß die Urkundenemission von Johanns Schriftstücken eine ziemlich große Wandlung durchmachte. Es sind [p. 342] aus ihr bis heute nicht ganz 200 Stücke bekannt, die überwiegend dem Anfang der fünfziger Jahre und dann der Zeit um 1360 angehörten, während im letzten Jahrzehnt von Johanns Regierung ihre Zahl erneut merklich sinkt, so daß kaum mit einer ständig kontinuierlich existierenden Kanzlei zu rechnen ist. In der Kanzlei Jodoks dagegen steigt die Zahl der enthaltenen Schriftstücke merklich und, was bedeutend ist, sie deckt die ganze Regierungszeit Jodoks in relativ kontinuierlicher Weise. Von mehr als 520 Urkunden und anderen Schriftstücken gehören rund 290 den böhmisch-mährischen Empfängern, über 160 solchen aus Brandenburg, der Lausitz und Schlesien. Die übrigen gingen an ferner Stehende.

Während der knappen Zeit, die mir zur Verfügung steht, kann selbstverständlich keine ausführlichere, ja überhaupt keine echte Diplomatik und Kanzleigeschichte der mährischen Luxemburger geboten werden. Denn wie uns die politische Geschichte belehrt, ist dabei nicht nur der mährische Bereich zu beachten, sondern es müßte mindestens ganz Mitteleuropa in Betracht gezogen werden, was eine recht umfassende Arbeit wäre. Denn Johanns ältester Sohn Jodok z. B. erwarb oder riß verschiedene andere Ämter und Rechtstitel an sich, wie etwa – zeitweise – den eines Markgrafen von Brandenburg, eines Reichsvikars von Elsaß und von Italien u.a.m., schließlich gar noch die römische Königswürde, derer er sich aber (wahrscheinlich wegen Sigismunds Feindschaft) nur sehr wenige Tage erfreute, so daß seine Diplomatik in keinen Zusammenhang mit der der römischen Könige und Kaiser treten konnte und vornehmlich im Rahmen des Territoriums Mähren blieb16. Aus allen diesen Gründen habe ich mich entscheiden müssen, eher ein Konzept oder Überlegungen über den Nutzen und die eventuellen Erträge derartiger Forschungen zu skizzieren, bzw. zu zeigen, daß die Diplomatik auf diese Weise direkt auch allgemeinere Probleme zu lösen hilft, obwohl schon die Lösung der eigenen diplomatischen Fragen solche Forschungen völlig rechtfertigt.

Den ersten Fragenkreis bildet die Kanzleigeschichte, die an erster Stelle immer auch als ein Zweig der Verwaltungsgeschichte aufzufassen ist, zugleich jedoch die Ausgangsbasis zu einem tieferen Verständnis des Geschäftsganges vorstellt. Das bedeutet, mit anderen Worten ausgedrückt, die Beamtenhierarchie herzustellen und im Morawschen Sinne des Wortes ihre Prosopographie [p. 343] herauszuarbeiten. In unserem Fall kann das auf folgende Weise konkretisiert werden: die markgräfliche Kanzlei war zwar die oberste Amtsstelle des Landes, doch stand sie nicht ganz isoliert da. Denn neben ihr war vom Anfang der Regierungszeit Karls IV. als Nachbildung der böhmischen Verhältnisse das Amt der mährischen Landtafel ab 1348 neu organisiert in Tätigkeit gesetzt worden; an diesem bestand das Amt des Landesprotonotars, das nicht selten in Personalunion mit einem der markgräflichen Hofkanzleinotare ausgeübt wurde17. Auf diese Weise bestanden auch engere Beziehungen zwischen den landesherrlichen und ständischen Einrichtungen. Aber nicht nur das: In den Händen einiger Notare flossen auch andere Ämter mit denen der eigenen Kanzlei zusammen, namentlich das Amt des Notars der markgräflichen Hofkammer, des dispensator supremus18, ja einmal wird sogar ein markgräflicher Protonotar zugleich Stadtschreiber von Brünn19, so daß die Kanzlei als eine wirklich zentrale Einrichtung betrachtet werden kann, auch wenn sich diese Kompentenzspaltung auch negativ auswirken konnte. Da aber der oben angedeuteten Emissionsschwankung auch hier Rechnung getragen werden muß, sind diese Doppelfunktionen durchaus verständlich. Wichtig erscheint vornehmlich der direkte Verbindungsfaden zur markgräflichen Kammer, die sicher schon vom Anfang an Bedeutung besaß. Man könnte sogar sagen, daß sie insbesondere zu Jodoks Zeiten gut organisiert gewesen sein muß. Anders ausgedrückt mußte sie laufend eine Art Behelfsevidenz führen (Jodok galt als einer der großen „Bankiers‟ Mitteleuropas), obwohl davon heute keine Spuren mehr zurückgeblieben sind.

Innerhalb des besprochenen Zeitraums besitzen wir Nachrichten über mehr als zwanzig Notare der markgräflichen Kanzlei bzw. Sekretäre des Markgrafen, die zwar für den direkten persönlichen Gebrauch des Markgrafen bestimmt waren, doch auch andere Kanzleiverpflichtungen erfüllen konnten, um so mehr, wenn die Terminologie schwankt20. Für die 25 Jahre der Regierungszeit Johanns sind es acht, für die übrigen 35 Jahre Jodoks mindestens zwölf Leute, Sekretäre eingerechnet. Soweit ihre Herkunftsnamen erhalten [p. 344] geblieben sind, führen sie nicht sehr weit, da es sich meist um keine echten Herkunftsnamen handelt, eher um solche, die von den im Laufe der Amtstätigkeit erworbenen Präbenden abgeleitet sind.

Im Laufe der Zeit merkt man, daß in die bisherige Alleinherrschaft der Geistlichkeit im Kanzleidienst allmählich auch das Laienelement einzudringen beginnt. Wie es mit dem anonymen unteren Kanzleipersonal aussah, ist nicht genauer festzustellen. Da die höheren Beamten jedoch meist auf Gebühren der Urkundenempfänger angewiesen waren, scheint es, daß auch hier das untere Personal eher in persönlicher Abhängigkeit von diesen höher gestellten Personen stand. Während über die Mitglieder der höheren Kanzleischicht bekannt ist, daß sie oft auch ein Universitätsstudium absolviert hatten, wissen wir kaum etwas über die übrigen. Doch verraten die Namen, vornehmlich die Prädikate (gegebenenfalls in bezug auf die Vornamen) wichtige Tatsachen. Es handelt sich um den Umstand, daß sie sowohl auf eine deutsche als auch eine tschechische Herkunft hinweisen, was um so mehr von Interesse ist, wenn man es mit dem Sprachgebrauch in den eigentlichen Urkunden in Zusammenhang bringt. Da jedoch die Kanzleivermerke leider nie als regelmäßige Begleiterscheinungen der Originalausfertigungen erscheinen, kann die Frage in dieser Hinsicht nicht näher erörtert werden. Denn die Entwicklung im Allgemeinen läuft hier ein wenig anders als in der eigentlichen Hofkanzlei. Während in Karls Kanzlei zwischen den lateinischen und deutschsprachigen Urkunden ein ungefähres Gleichgewicht herrscht (wobei ihre Verwendung bei den einzelnen Empfängern, ja selbst bei den Empfängergruppen noch lange nicht analysiert worden ist) und die Kanzlei seines Nachfolgers Wenzel ein Übergewicht deutscher Urkunden aufweist – in den Jahren 1394 und 1395 beginnt auf Druck der Gegenpartei, später recht vereinzelt auf Wunsch der Empfänger auch die tschechische Sprache zögernd zu erscheinen –, kann man von der markgräflichen sagen, daß zur Zeit Johanns das Übergewicht eindeutig auf dem Lateinischen liegt, auch z. B. in den überwiegend deutschen Städten Mährens, und daß die Lage erst in der Folgezeit in dieser Hinsicht ein wenig ausgewogener ist. Gegenüber rund 60 % lateinischer Stücke von Johanns Söhnen liegen ca. 30 % deutschsprachige und 10 % tschechische vor21.

Bevor wir zu den tschechischen Urkunden – die ein neues Phänomen darstellen – übergehen, wollen wir die Grenzen der Aussagefähigkeit der Sprachbenutzung ziehen, die oft überschätzt oder pauschalisiert wird. Denn man [p. 345] darf den Willen oder eher Wunsch des Empfängers nicht überbewerten. Auch in unserem Material kennen wir – es handelt sich um die Zeit Jodoks – einen Sprachwechsel für eine und dieselbe Stadt innerhalb kurzer Zeitspannen, wobei es weder in der inneren Stadtverwaltung zu Veränderungen gekommen war, noch eine inhaltliche Gruppierung der Urkunden möglich ist. Da es kaum vorstellbar wäre, darin ein Interesse des Markgrafen zu sehen, scheint die einzige Möglichkeit auf der Hand zu liegen, nämlich der augenblickliche Impuls des betreffenden Notars. Es mag bezeichnend sein, daß die erste tschechische Urkunde dieser Art – sie stammt aus dem Jahre 1389 – eine innerfamiliäre Angelegenheit betrifft, nämlich einen Schuldschein Jodoks an Prokop22. Mit anderen Worten: es handelt sich um eine Urkunde, die in dieser Hinsicht nicht von außen her beeinflußt worden sein kann. Und das ist auch für die Zukunft richtungsweisend. Denn in den zwanzig Jahren bis zum Jahr 1410 sind es gut 25 Stücke, die tschechisch verfaßt wurden. Zuerst tauchen sie vereinzelt auf, im zweiten lustrum des 15. Jahrhunderts sind sie schon relativ häufig, im Bereich der adeligen Empfänger so gut wie ausschließlich23. Und noch ein nicht unwichtiger Umstand: in den letzten zehn Jahren von Jodoks Regierung nimmt die relative Zahl der deutschen, auch an ausgesprochen deutsche Empfänger gerichteten Stücke zu Gunsten des Lateinischen merklich ab. Aber wir dürfen nicht allzu lange bei dieser Erscheinung verweilen, auch wenn noch weitere konkretere Beobachtungen mitgeteilt werden könnten, vornehmlich über die einzelnen Beamten der Kanzlei.

Die dürftigen Randvermerke, die Hecht vor Jahren über Johanns Kanzlei gemacht hat24, betreffen auch die alte Frage des Zusammenhanges von Kanzlei und Kapelle im alten Stil und wollen dies wichtige hochmittelalterliche Phänomen ohne weiteres als lebendige Erscheinung auf den Hof Johanns übertragen. Dieser Ansicht kann man nicht zustimmen. Denn wenn ein Notar ausnahmsweise ebenfalls als Kapellan auftritt, ist es eben im besten Fall eine Ausnahme, obwohl die Existenz der Hofkapelläne weiter fortbestand, doch mit anderer Zielsetzung25. Es stimmt hingegen, daß die Notare und [p. 346] Sekretäre, die zum direkten Dienst des Markgrafen bestimmt wurden, meist geistlichen Standes (viele gehörten dem Olmützer Kapitel an), oft graduierte Juristen waren. In einem Falle ist unter ihnen ein echter Humanist zu finden: der Dechant der Olmützer Kirche Andreas Nikolai aus Wittingau, im ausgehenden 14. Jahrhundert Protonotar der Kanzlei, erklärter Freund des Salutato Salutati aus Florenz26, was kaum überrascht, da wir über die kulturellen, ja literarischen Neigungen auch Jodoks selbst zumindest andeutungsweise unterrichtet sind27.

Wie auch sonst üblich, kann man sich aus den dürftigen Überresten der hierarchischen Nomenklatur kaum ein genaues Bild der wirklichen Zustände machen. Jedenfalls stand der Kanzlei schon vor der Erlangung der mährischen Markgrafenwürde ein Kanzler vor, auch wenn deren ununterbrochene Reihe nicht rekonstruierbar ist. Die Sache ist auch methodisch wichtig. Mit zwei zufälligen Ausnahmen, nämlich wenn in den Konzeptvermerken der Urkunden vom Jahre 1349 und dann später im Jahre 1358 ein Kanzler erwähnt wird28, stammen alle Kanzlererwähnungen des ersten Jahrzehnts aus den Brünner Steuerbüchern, die zwar die Terminologie recht exakt unterscheiden (novus cancellarius, cancellarius)29, doch als fernerstehende Instanzen für unglaubwürdig gehalten werden könnten. Das ist in unserem Fall doch nicht möglich, wenn wir wissen, wie nahe diese Stadtkanzlei dem Markgrafen stand. Da jedoch später keine Kanzlererwähnungen vorkommen, muß angenommen werden, daß diese Titulatur außer Gebrauch kam und der Kanzlei bloß ein Protonotar vorstand. Und mutatis mutandis gilt dies auch von den Notaren, die doch von Zeit zu Zeit mit Namen genannt werden und deren Titulatur ebenfalls schwankt. Die sicher häufigeren niederen Beamten (ihre größere Zahl ist dem Schriftvergleich zu entnehmen) entziehen sich unserer Kenntnis so gut wie völlig. Ob sie auch auf höhere Posten avancieren konnten, muß ebenfalls unentschieden bleiben, doch ist es wenigstens in Einzelfällen anzunehmen. Über die Besoldungsart ist schon oben gesprochen [p. 347] worden. Sie ist in den alten Gleisen geblieben. Ein Hilfspersonal ist nur teilweise vorauszusetzen, da oft Leute anderer Herkunft und Zugehörigkeit in Anspruch genommen wurden, so namentlich die Boten30. Es sei hier auch erwähnt, daß die Kanzlei nicht unbedingt alle Reisen ihres Herrn mitmachen mußte.

Es überrascht ein wenig, daß trotz der Existenz der Relationskonzeptvermerke auf den Urkunden keine Registraturvermerke zu finden sind, obwohl sich die Registrierung und Registerführung in der Reichs- und böhmischen Hofkanzlei schon den Zeiten vor dem Antritt Karls IV. durchgesetzt hatte, unter ihm dann als regelmäßig anzusehen ist31. Und nicht nur dort; auch sonst hat sie sich ab Mitte des 14. Jahrhunderts in den böhmischen Ländern auch in anderen, vornehmlich in den Aktenkanzleien32 verbreiter, so daß es fast Wunder nimmt, daß diese diplomatische Einrichtung in „unserer‟ Kanzlei nicht heimisch geworden ist. Denn nicht nur Johann Heinrich selbst hatte darüber sicher gute Kenntnisse aus der Zeit, da er sich in der zweiten Hälfte der 40er Jahre in der nächsten Nähe Karls IV. bewegte (mehrere Urkunden, die seine Mitausstellung bezeugen, finden sich bis heute nur in der Registerüberlieferung), auch Jodok muß sich als guter Hauswirt und Hausvater bei dem relativ beträchtlichen Auslauf verschiedener politisch und vornehmlich wirtschaftlich wichtiger Stücke aus seiner Kanzlei dafür interessiert haben. Wir besitzen doch z. B. eine Handschrift des aus den Registern kompilierten Formularbuches Johanns von Gelnhausen, des ehemaligen Registrators Karls IV., der eine Zeit lang in Brünn Stadtschreiber war und die Handschrift mit Dank für Jodoks Eingreifen in Sachen dieses Amtes diesem dedizierte33. Eigentlich hätte die Kanzlei Register führen müssen, doch wir hören nichts darüber, und bis zu einer unwahrscheinlichen neuen Nachricht müssen wir diese Frage im Moment verneinen. Eher kann man eine Konzeptensammlung [p. 348] bzw. -archivierung voraussetzen, die allerdings zugrunde ging. Man muß sich jedoch vergegenwärtigen, daß trotz der relativ hohen Gesamtzahl von Kanzleiausfertigungen ihr Jahresdurchschnitt ziemlich bescheiden war; und oft Wochen, ja manchmal ganze Monate verflossen, ohne daß ein einziges Schriftstück ausgestellt worden wäre, so daß die Tätigkeit der Kanzlei nicht als ständig kontinuierlich zu betrachten ist. Das ist bei jeder bloßen Auslaufkanzlei, auch von augenscheinlich großem Ausmaß, überaus verständlich. Durch diesen nicht immer kontinuierlichen – doch leicht begreiflichen – Arbeitslauf lassen sich wahrscheinlich auch etliche Doppelfunktionen mehrerer Kanzleibeamten – auf die schon oben hingewiesen wurde – erklären.

Eine weitere gewichtige Frage ist die Analyse des Itinerars des Kanzleiinhabers bzw. seiner Kanzlei, die ihm nicht unbedingt überallhin folgen mußte. Es handelt sich dabei nicht nur um eine Aufstellung primitiver Aufenthaltsrouten mit theoretischer Reisegeschwindigkeit, obwohl auch das schon ein wichtiges Arbeitsinstrument wäre, sondern um eine Deutung der betreffenden Schriftstücke in bezug auf Geschäftsart, Entfernung des Empfängerortes vom Hof im Moment der Handlung bzw. der Urkundenausfertigung und -auslieferung im Zusammenhang mit der Mobilität des Empfängers und nicht zuletzt auch um die hierarchische Ordnung der in Betracht kommenden Orte der Häufigkeit, Dauer und sonstigen Wichtigkeit nach, wozu auch der Begriff des Durchgang- und Zielortes ausgearbeitet werden muß34. Auch diese Problematik kann hier kaum angeschnitten werden, da die politischen Ambitionen beider hier behandelten Generationen so verschieden waren, daß sie sinnvoll nur ganz konkret Schritt für Schritt untersucht werden müßten, was bei Jodok wegen seines Engagements in Brandenburg und im Reich nur im ganz breiten Rahmen erfolgreich sein könnte. Sonst gilt, daß Brünn bzw. der Spielberg Hauptresidenz und auch Kanzleidomizil war. Die Aufenthaltsorte außerhalb Mährens, also vor allem in Böhmen, weniger im übrigen Ausland, signalisieren dann ganz verschiedene Tatsachen: bei Johann treue Verbundenheit mit Karl, Zusammenarbeit mit diesem bzw. Arbeit für ihn (seine eigenen Urkunden sind bei solchen Gelegenheiten ziemlich selten, so daß vorauszusetzen ist, daß ihn eine förmliche Kanzlei nicht ständig auf Reisen begleiten mußte), bei Jodok hingegen oft ein Eingreifen in Wenzels Regierungspolitik bzw. selbst gegen diesen gerichtete Aktionen.

Ebenfalls zu wichtigen Ergebnissen kann die eigentliche Analyse der Urkunden führen, die in jener Zeit allerdings sämtlich eigenes Kanzleigut sind, [p. 349] mit der Ausnahme ziemlich häufiger Mitausstellerschaft, die vornehmlich gemeinsam mit dem böhmischen König stattfand. Dagegen dort, wo der Markgraf (eigentlich nur Jodok) an erster Stelle der mit verschiedenen Landesbaronen gemeinsamen Intitulation erscheint, ist seine Kanzlei als „zuständig‟ zu bezeichnen. Ein Schriftvergleich könnte wohl verschiedene Stufen der Aktivität des mährischen Markgrafen in mehreren Hinsichten konkretisieren, er ist jedoch z. Z. leider mehr ein Programm als eine errreichte Wissenstufe.

Auch das Patze’sche Konzept der Analyse des Geschäftsgutes des 14. Jahrhunderts kann in unserem Milieu voll akzeptiert werden35. Vorerst aber sei bemerkt, daß das Formular nicht nur oft primitiv, sondern noch öfter schwankend ist, insbesondere in der Reihung der Formeln beider Protokolle, so daß es kein gutes Zeugnis für das Personal der Kanzlei bildet, was anderseits im Einklang mit den oben angeführten Angaben über die Nichtexistenz der Register ist, die sonst die wichtigste Ausgangsbasis für solche Zwecke bilden. Daher ist zu begreifen, daß die förmliche Zusammensetzung der markgräflich-mährischen Urkunden von denen der Prager Hofkanzlei oft abweicht (das betrifft z. B. die Datierungsgewohnheiten, das Arengenwesen, das zwar ebenfalls im Rücktritt ist, doch andere Formulationen benutzt, u.a.m.). Damit ist auch die Schwankung der Kanzleivermerke in Zusammenhang zu bringen. Denn trotz der zunehmenden Zahl solcher Vermerke in der Zeit Jodoks (weit über die Hälfte der Belege) sind sie nie notwendiger Bestandteil der ausgestellten Schriftstücke geworden. Im Auftragteil dieser Vermerke steht die Person des Kanzleiinhabers so sehr im Vordergrund, daß aus dem restlichen Material kaum eine festere Gruppe seiner Räte herausgearbeitet werden kann. Denn nach Mezníks Forschungen sind in über 270 Belegen nur elf derartige Personen zu verzeichnen; diese erscheinen mit zwei Ausnahmen zweimaliger Erwähnung alle nur einmal. Auch das bezeugt, zumindest indirekt, die relativ niedrige Entwicklungsstufe des Amtes.

Wenn mehr Zeit zur Verfügung stünde, könnte auch mehr zur inhaltlichen Seite der Urkunden gesagt werden, die eine Art Spezialität aufweisen, nämlich die, daß sie nur im Zusammenhang, ja im Ineinanderspiel mit den Urkunden der böhmischen Herrscher zu verstehen sind. Damit ich richtig verstanden werde: während Karls Regierung sind dessen Eingriffe ins Regierungsgebiet belegt, ja sie bilden in gewisser Hinsicht in konkreten Fällen einen Nachtrag zu den Dispositionen seines Bruders, ohne daß dies Zwistigkeiten verursacht hätte. In der Folgezeit merkt man dann eine vollkommene Absenz Wenzels in mährischen Angelegenheiten (mit Ausnahme der direkten [p. 350] Bindung an den Markgrafen und die Olmützer Kirche, die direkte lehensrechtliche Bindungen an Prag hatte), obwohl sein Aufenthalt in Mähren selbstverständlich auch belegt ist, doch nie als Selbstzweck. Umgekehrt greift Jodok mehrmals in Böhmen ein, vorwiegend in politischen, nicht in wirtschaftlichen Dingen. Auch wäre es nötig, Jodoks sonstige Aktivitäten, namentlich die in Brandenburg (woher nachweislich nur ein Notar Jodoks Kanzlei stammte), im Vergleich mit der mährischen zu untersuchen, eine eventuelle Teilnahme der dortigen Exponente eingerechnet. Da bin ich jedoch vorläufig kaum weiter gekommen, da die zuständigen Urkundenbücher nicht genügend Unterlagen und vor allem nicht genügend kritisch herausgegebenes Material enthalten36; da sie darüberhinaus auch meist sehr alt sind, ist auch eine eigene Archivforschung unumgänglich, die mir in dieser Hinsicht vorläufig noch nicht möglich war. Nur das Siegelwesen scheint z. Z. genügend erforscht zu sein, freilich nicht im integralen Zusammenhang mit dem Geschäftsgut der Markgrafen, von den Markgräfinnen ganz zu schweigen; dieser Zusammenhang erscheint wichtig, und es darf von ihm noch manches erwartet werden37.

Ich komme zum Schluß, der nur als vorläufige Zusammenfassung betrachtet werden will. Die mährisch-markgräfliche Kanzlei der luxemburgischen Sekundogenitur ist aus mehreren Gründen als Musterbeispiel einer spätmittelalterlichen landesfürstlichen Auslaufkanzlei und Diplomatik, d.h. als nicht ganz ununterbrochen arbeitenden Kanzlei zu bezeichnen. Der feste Anfangsund Schlußtermin ihrer Existenz innerhalb der rund sechzig Jahre wechselvoller Geschicke und politischer Ergebnisse, die ihre Inhaber miterlebten, ja teilweise formten, machen sie als eine Art Musterbeispiel zu einem lohnenden Objekt der Forschung. Daß diese zur Zeit immer noch eher in ihren Anfängen steckt, beweisen auch unsere bisherigen Ausführungen. Hoffentlich können sie auch als Anregung für die Zukunft gelten.


1 Darüber bis heute wichtig G. Friedrich, O kanceláři a listinách markrabí moravských Vladislava a Přemysla (1198–1239), Věstník Královské české společnosti nauk, Phil.-hist. Klasse 1896, Nr. 9. Weitere Forschungsergebnisse bei Friedrich, Codex diplomaticus et epistolaris regni Bohemiae 2, Pragae 1912, bei Einzelnummern. Von Spezialuntersuchungen jüngerer Forscher, die nicht selten weiter gekommen sind, muß hier abgesehen werden.

2 1222–1224 direkte Regierung Přemysl Ottokar I., 1239–1246 Wenzel I. ab 1253 ununterbrochen bis 1330 unter den böhmischen Königen. Vgl. auch E. Barborová, Postavení Moravy v Českém státě v době předhusitské (1182–1411), Sborník archivních prací 20, 1970, S. 346 ff.

3 Darüber J. Šebánek in J. Šebánek – S. Dušková, Panovnická a biskupská listina v Českém státě doby Václava I., Rozpravy ČSAV, Řada společenských věd 71, 1961, H. 4, S. 72–99.

4 Das geht aus dem Eindringen der markgräflichen Notare in den Königsdienst hervor (vgl. die oben zitierte Literatur).

5 CDB 2, Nr. 59: prepositure illi cancellariam nostram cum villa, que vocatur Vherchi … contulimus. Zweifellos handelt es sich um eine Kanzlei im Klewitz’schen Sinne (vgl. H.W. Klewitz, Cancellaria. Ein Beitrag zur Geschichte des geistlichen Hofdienstes, erschienen 1937, Nachdruck in H.W. Klewitz’ Ausgewählten Aufsätzen zur Kirchen- und Geistesgeschichte des Mittelalters, Aalen 1971, S. 13–48, hauptsächlich S. 41), so daß in der tschechischen Literatur nicht zu Recht von einem Kanzleramt gesprochen wird. Erst im Laufe der Zeit entstand aus der Bezeichnung cancellaria der Titel cancellarius, ebenfalls als Titularbezeichnung des angeführten Propstes.

6 Über diese Kanzlei sind mehrere Spezialuntersuchungen J. Spěváčeks zu nennen, der jedoch keine zusammenfassendere Arbeit vorgelegt hat (verzeichnet in: J. Spěváček, Karel IV. Život a dílo (1316–1378), Praha 1979, S. 597, 599 f. und 604 f.). Prosopographisch hat P. Moraw das Thema grundlegend erfaßt, doch liegt seine diesbezügliche Arbeit noch nicht im Druck vor.

7 Vgl. die in voriger Anm. angeführte Arbeit P. Moraws, zur Beziehung zur Kapelle vgl. unten.

8 Es handelt sich vorerst um zwei ungedruckte Arbeiten. Die von J. Matyska, Listiny moravských markrabat ve 14. století (1334 až 1375), eine Brünner Diplomarbeit vom J. 1957, blieb mir unzugänglich, J. Mezník verfaßte den Aufsatz Notáři markraběte Jošta. Im älteren umfangreicheren Buch F. Tadras (Kanceláře a písaři v zemích českých za králů z rodu lucemburského Jana, Karla IV. a Václava IV. (1310–1420), Praha 1892, S. 79–82) sind bloß 18 Notare der Markgrafen verzeichnet. Ein paar ziemlich primitive Bemerkungen sind auch bei Fr. Hecht, Johann von Mähren, Halle a. S. 1911, zu finden. Vgl. schließlich etliche Angaben bei B. Bretholz, Geschichte der Stadt Brünn 1, bis 1411, Brünn 1911, S. 116 f. Vgl. auch folgende Anm.

9 Das meiste Material ab 1350 liegt vor im Codex diplomaticus et epistolaris Moraviae Bd. 8–15, Brünn 1874–1903, hg. von V. Brandl, die zwei letzten Bände von B. Bretholz. Brandls Vorworte bringen manche interessante Beobachtung bzw. Zusammenstellungen der Angaben teilweise auch zur Diplomatik, mehr zur Regierungspraxis, die hier ein für allemal zitiert werden (künftighin CDM). Älteres Material ist zu finden bis 1346 in J. Emlers Regesta diplomatica nec non epistolaria Bohemiae et Moraviae 4, Pragae 1892 und für die Regierungszeit Karls in den Bänden 5–7 vgl. die Angaben bei J. Spěváček, Karel IV. (wie Anm. 6) S. 581 (im folgenden RBM). Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, daß im riesigen handschriftlichen Material A. Sedláčeks (jetzt in Ústav československých a světových dějin der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften in Prag) ein bewunderungswertes Regestar der Urkunden von Johann Heinrichs Söhnen vorliegt, das noch kaum ausgewertet worden ist.

10 Es ist zu betonen, daß die Belehnung Johanns durch Karl keinesfalls als Ausdruck eines innigen Verhältnisses Karls zu seinem jüngeren Bruder aufzufassen ist (über das sonst keine Zweifel bestehen); diese Würde ist ihm nämlich schon im Testament Johanns von Luxemburg vom Jahre 1340, ja zum erstenmal schon 1325 zugesagt worden (RBM 4, Nr. 819, Absatz IX, vgl. auch J. Šusta, České dějiny II-3, Praha 1946, S. 341), so daß sich eher die Frage stellt, warum man mit der Erfüllung dieses Postulats mehr als drei Jahre gewartet hat.

11 Vgl. u.a. Hecht S. 39 ff., Šusta, České dějiny II-3 und II-4, Praha 1946 und 1948 nach Register und schließlich J. Válka in Přehled dějin Moravy, red. B. Čerešňák, Brno 1980, S. 93 ff.

12 Bloß in der Urkunde für das Trautenauer Ländchen (Volltext in Codex iuris municipalis regni Bohemiae hg. von J. Čelakovský Bd. 2, Praha 1895, Nr. 289) heißt es auctoritate invictissimi domini nostri domini Karoli…qua plenarie ex ipsius commissis fungimur.

13 Dazu vgl. I. Hlaváček, Das Urkunden- und Kanzleiwesen des böhmischen und römischen Königs Wenzel (IV.) 1376–1419, Stuttgart 1970, nach dem Register (S. 501).

14 Es handelt sich um RBM 5, Nrn. 373, 617, 630 und 636.

15 Brikcius de Rouchovany, als sein Notar wenigstens ab 19. August 1350 belegt (Monumenta Vaticana res gestas Bohemicas illustrantia 1, hg. von L. Klicman, Pragae 1903, Nr. 1279 und 1287), als ihm eine Expektanz auf Präbende im Prager Domkapitel erteilt wurde, und Benessius (de Brunna), der ab 16. Dezember 1351 bezeugt ist und für seinen Kanzleidienst die Brünner St. Jakobspfarre bekam.

16 Th. Lindner, Das Urkundenwesen Karls IV. und seiner Nachfolger (1346–1437), Stuttgart 1882, vermochte in diesem Zusammenhang nur auf sein königliches Sekretsiegel hinzuweisen (S. 65). Dazu auch O. Posse, Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige 2, Dresden 1910, Tafel 11, Nr. 6, 7 mit entsprechendem Kommentar.

17 Tadra, Kanceláře S. 81, Nr. 7 u.a. und Mezník passim.

18 In Monumenta Vaticana res gestas Bohemicas illustrantia 2, hg. von J.F. Novák, Pragae 1907, Nr. 713.

19 B. Mendl, Knihy počtů města Brna z let 1343–1365, Brno 1935, S. 120 des Vorwortes.

20 Tadra, Kanceláře S. 80 f., freilich mit Lücken im Namenbestand als auch im Zeitumfang der Beamtentätigkeit und Mezník 1. c. Nachzutragen ist u.a. Petrus Kuollonis, secretarius marchionis Moravie, der Lizenziat der Rechte war zu 1381 (Acta summorum pontificum res gestas Bohemicas aevi praehussitici et hussitici illustrantia 2, hg. J. Eršil, Pragae 1980, Nr. 1166).

21 Zum folgenden V. Uhlířová, Zur Problematik der tschechisch verfaßten Urkunden der vorhussitischen Zeit, Archiv f. Diplomatik 11/12, 1965/66, hauptsächlich S. 524.

22 CDB 11, Nr. 545. Ein Teilverzeichnis der Stücke bei J. Bartocha, Jak za starých dob čeština znenáhla stala se jazykem jednacím (úředním, diplomatickým) v zemích koruny české, Brno 1903 (Separatdruck aus Časopis Matice moravské 24), S. 24 ff. Die erste tschechische Urkunde Sigismunds vom Jahre 1400 (die zweitälteste stammt erst aus dem Jahre 1414) läßt gleichfalls mit Sicherheit Jodoks Geist erkennen, der als Mitaussteller erscheint (Bartocha, S. 27).

23 Neben beiden vorherigen Anmerkungen noch Mezník 1. c.

24 Johann von Mähren S. 49 ff.

25 Vgl. darüber I. Hlaváček, Studie k dvoru Václava IV. I. část, Folia historica bohemica 3, 1981, S. 135 ff. und 145 ff.

26 Tadra, Kanceláře S. 81, Nr. 11 und das dort zitierte Werk Voigts.

27 Vgl. V. Brandl im Vorwort zum 11. Band des CDM S. V.

28 RBM 5, Nr. 630, wobei im Orig. der Vermerk zweizeilig geschrieben ist, so daß cher Per dominum (scil. Johannem) W. cancellarius gelesen werden kann und CDM 9, Nr. 112 Nicolaus cancellarius.

29 Mendl, Knihy počtů (wie oben Anm. 19) S. 162, 182 und 225, wo sogar über Herrn von Plumlov zu lesen ist, es handle sich um summum cancellarium marchionis. Damit ist wohl Beneš von Plumlov gemeint, der am Landgericht saß, so daß es sich hier eher um eine Verballhornung des Titels handelt (ob damit camerarius gemeint ist, wie Mendl im Register meint, wage ich nicht zu entscheiden). Bretholz, Brünn, S. 116 nimmt diese Angabe kritiklos an.

30 In der eben zitierten Edition Mendl S. 162. Dasselbe ist freilich auch von anderen Institutionen zu vermuten.

31 Hlaváček, Urkunden- und Kanzleiwesen (wie oben Anm. 13) S. 293 f.

32 Aus Unkenntnis eines besseren Ausdrucks benütze ich diesen Terminus für solche Kanzleien, die vornehmlich Akten- und Amtsbuchmaterial bearbeiten (so vor allem die Stadtkanzleien bzw. Kanzleien der kirchlichen Diözesanverwaltung, zu denen sich die landesherrlichen Kanzleien meist erst später gesellen) im Gegensatz zu Auslaufkanzleien, wo im Gegenteil der Nachdruck auf den ausgestellten Urkunden lag. Aus der Struktur der letzteren geht hervor, daß sie bei aller Kontinuität der Regierung ihres Inhabers doch diskontinuierlich sein konnte. Es wäre lohnenswert, diesem Phänomen weiter nachzugehen.

33 Vgl. Collectarius perpetuarum formarum Johannis de Geylnhausen, hg. von H. Kaiser, Innsbruck 1900, S. 1 und J. Dřímal, Brněnské městské knihy, právo a listiny za písaře Jana z Gelnhausenu, Sborník archivních prací 8-1, 1958, S. 112 f.

34 Über diese Dinge habe ich schon vor Jahren beim Budapester Diplomatischen Kongreß gesprochen, so daß ich hier nicht auf Einzelheiten eingehen möchte, um so mehr, da ich eine erweiterte Fassung dieses Beitrages vorbereite.

35 Vgl. seine Neue Typen des Geschäftsschriftgutes im 14. Jahrhundert, Der Deutsche Territorialstaat im 14. Jahrhundert I, Sigmaringen 1970, S. 9–64.

36 Hauptsächlich die Urkundenbücher Gerckens und Riedels (vgl. Handbuch der historischen Stätten Deutschlands 10 – Berlin und Brandenburg, hg. von G. Heinrich, Stuttgart 1973, S. 502).

37 Vgl. M. Švábenský, Soupis pečetí moravských markrabat a markraběnek z lucemburského [a habsburského] rodu v brněnských archivech, Brněnský archivní věstník 1960, S. 9–26.