École des chartes » ELEC » Notariado público y documento privado: de los orígenes al siglo XIV » Das öffentliche Notariat in den böhmischen Ländern von den Anfängen bis zu der hussitischen Revolution
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[p. 1177] Das öffentliche Notariat in den böhmischen
Ländern von den Anfängen bis zu der hussitischen Revolution

Die eigenständige staatliche Entwicklung des böhmischèn Königreichs zwingt den Bearbeiter des im Titel dieses Vortrages angeführten Problemkreises zu einer gewissen Beschränkung des Stoffes, vornehmlich aus territorialer Sicht. Denn es soll sich im folgenden um eine Bearbeitung des Themas handeln, die nur auf die beiden Kernländer des Staates, nämlich auf das eigentliche Königreich Böhmen und die Markgrafschaft Mähren beschränkt bleibt. So stehen die übrigen Kronländer absichtlich ausserhalb unseres Interesses, obwohl sie im Laufe de 14. Jahrhunderts ebenfalls — sogar auf mehrere Jahrhunderte — der böhmischen Krone angegliedert worden sind. Da sich aber die eigentlichen Anfänge ihres öffentlichen Notariats in anderen staatsrechtlichen und teilweise auch kulturellen Zusammenhägen konstituierten, wird dadurch wohl diese Stellungnahme gerechtfertigt, auch wenn es im 14. Jahrhundert nicht nur zu einer immer stärkeren Vertiefung der gegenseitigen Beziehungen, sondern direkt zu ihren Verflechtung kam, die vornehmlich die Fluktuation der eigentlichen Institutionsträger, der öffentlichen Notare, betraf. Darüberhinaus besitzen wir für das profillierteste Glied dieser [p. 1178] Nebenländer — Schlesien — eine moderne und ziemlich erschöpfende Darstellung1, so dass unsere territoriale Stoffbeschränkung wohl nicht als allzu stiefmütterlich bezeichnet werden wird. Nur nebenbei sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass die Slowakei, heute längst der zweite Teil der Tschechoslowakischen Republik, aus guten Gründen vollkommen ausser Acht gelassen werden musste. Da jenes Land einen integralen Teil des mittelalterlichen Königreichs Ungarn bildete, entwickelten sich dort die spezifisch ungarischen notariellen Institutionen, nämlich die sog. loca credibilia, die nirgendwo anders eine Parallele finden2.

Bevor wir das eigentliche Thema angehen, müssen ein paar Worte über die Historiographie des Gegenstandes vorausgeschickt werden. Die Literatur ist zwar nicht all zu umfangreich, doch sind es Arbeiten von beachtlichem Wert. Schon im 19. Jahrhundert sind zwei Editionen zu nennen, die die ersten Grundlagen der Forschung geschaffen haben. Während Josef Emler vornehmlich rein editorisch tätig war3, versuchte Ferdinand Tadra seinem Kataloge der böhmisch-mährischen öffentlichen Notare — der begreiflicherweise aus heutiger Sicht lückenhaft ausfiel — eine knappe Zusammenfassung der Geschichte dieser Institution im böhmischen Königreich zur Seite zu stellen4. Den systematischen Versuch einer komplexen Darstellung des Themas hat jedoch erst im Jahre 1940 auf Anregung Václav Vojtíšeks, dessen Ansichten in seine Arbeit Eingang gefunden [p. 1179] hatten, Josef Nuhlíček unternommen5. Dass auch seine Arbeit heute verschiedener Vervollständigungen bedarf, versteht sich wohl von selbst. Schliesslich sind die Arbeiten von Miroslav Boháček zu erwähnen, der die Dinge aus rechtsgeschichtlicher Sicht verfolgte6. Blosse Erwähnungen der Dinge bzw. Einzelbetrachtungen können hier nicht verzeichnet werden, doch sind sie in entsprechender Weise ausgewertet worden.

Die Expansion des öffentlichen Notariats und seiner Institutionen konnte nur dann und nur dort auf fruchtbaren Boden fallen, wo und wann die allgemeinen kulturellen, rechtlichen und anschliessend auch die diplomatischen Verhältnisse ein entsprechendes Niveau erreicht hatten, da also eine solche Rezeption sinnvoll, ja eigentlich unausweichlich erschien. Aus der Sicht der böhmischen Verhältnisse kann man sagen, dass die schriftliche Fixierung der rechtlichen Vorgänge nach den ganz bescheidenen Ansätzen des 10., 11. ja auch noch des 12. Jahrhunderts erst im 13. Jahrhundert an Bedeutung zunahm und sich erste festere Kanzleiformen sowie eine steigende Emission der Urkunden erzwang. Zu einer Art Sprung kam es jedoch erst zu Beginn der Regierungszeit Přemysls II. /1253-1278/, als neben dem König7 heimische Bischöfe eigene Kanzleien schufen8 und auch andere Schichten der herrschenden Klasse /d.h. der hohe Adel, die Städte und die niederen geistlichen Feudalen/ regelmässiger zu beurkunden begannen9. Dabei blieb es bis in die Zeit des Interregnums nach dem Aussterben der Přemysliden /1306/. Mit dem Antritt der neuen Dynastie der Luxemburger man sollte vielmehr sagen, dass [p. 1180] beide Erscheinungen parallel liefen, d.h. dass der König selbst bzw. seine Umgebung in dieser Hinsicht keine nennenswertere Aktivität entwickelten — kam es allmählich zu einer allseitigen Entfaltung und Verdichtung aller Beurkundungsvorhaben und — stätten. Mit anderen Worten: es vermehrten sich nicht nur die Zahlen der Kanzleien selbst, sondern auch die ihrer Beamten. Die zunehmende Schriftlichkeit und zugleich der sich vertiefende Brauch der Fixierung von Rechtshandlungen fasste auch in breiteren Bevölkerungskreisen Fuss, die sonst kaum Kanzleien, ja nicht einmal selbständige Notare halten konnten und meist auch kaum eigene Siegel führten10. Andererseits vertiefte sich auch merklich die kontinuierliche Verwaltung, namentlich die Zentralverwaltung, besonders die der Kirche, was seit der Erhebung des Prages Bistums zum Erzbistum /1344/ zu einem qualitativen Wandel führte11.

Diese scheinbar banalen Feststellungen haben doch ihren Sinn. Man sieht, dass hier, d.h. im Zusammenhang mit dem öffentlichen Notariat, eine gewisse Periodisierung nötig erscheint, die klarer sehen lässt. Als erste Epoche, jene der Ansätze und bescheidenen Anfänge, ist also die Přemyslidenzeit zu bezeichnen, die der Luxemburger gilt dann als die Zeit der Entfaltung und Vollblüte. Freilich kann man auch innerhalb dieser Einzelzeitspannen weiter periodisieren, nämlich so, dass in der ersten Epoche der Zeitraum nach dem Tode Přemysls II. /+1278/ als die Jahrzehnte der zweifellos deutlichen, doch ganz bescheidenen Anfänge zu bezeichnen ist. In der Zeit der Luxemburger gilt dann die Regierungszeit Karls IV. /1346-1378/ und mehr noch die seines Sohnes Wenzel /1378-1419/ als wahre Blüte der Institution, sowohl quantitativ als auch qualitativ. Warum die Anfänge der hussitischen Revolution /1419-1437/ den Abschluss [p. 1181] unserer knappen Schilderung bilden, ist ebenfalls leicht zu erklären. Neben den formellen zeitlichen bzw. räumlichen Gründen dieser Darstellung sowie der rahmenweisen Zeitgrenze des ganzen Kongresses ist die Tatsache ausschlaggebend, dass mehrere alte Strukturen /mehr in Böhmen selbst als in Mähren/ zerstört oder wenigstens bedeutend geschwächt wurden. Das Notariat konnte begreiflicherweise diese Zeit überleben, ja musste es tun, da es sich um eine notwendige und auch dem hussitischen Alltagsleben nützliche, also unersetzliche Einrichtung handelte. Doch war ihre Position mancherorts schwer erschüttert gerade wegen der engen Bindungen an verschiedene kirchliche Institituonen. So handelt es sich nachher wieder um ein anderes Kapitel der böhmischen Diplomatik. Das um so eher, da sich auch die Allgemeinlage des öffentlichen Notariats zu ändern begann. Aber nun konkret zum eigentlichen Material.

Der hochverdiente Mitherausgeber des Codex diplomaticus et epistolaris regni Bohemiae und ehemalige Vizepräsident der Commission internationale de Diplomatique Jindřich Šebánek12 sieht die ersten Spuren des Stils der öffentlichen Notare im böhmischen Mate rial erneut in etlichen Urkunden König Wladislaws I13. un des Prager Bischofs Daniel I., also schon zu Beginn der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Die Anwendung der Datum-per-manus-Formel und die Datierungen am Anfang des Einleitungsprotokolles schreibt er dem welterfahrenen Notar des eben genannten Prager Bischofs, dem berühmten Chronisten Vinzenz zu, der lange Zeit in Friedrich Barbarosaas Gefolge in Italien gelebt hatte. Als weitere Fremdeinflüsse betrachtet Šebánek14 die Anteilnahme zweier ausländischer öffentlicher Notare an der Verbriefung des Konkordates zwischen dem böhmischen König Přemysl I. und dem Prager Bischof Andreas von [p. 1182] Jahre 122115. Vollentwickelte Notariatsinstrumente über böhmische Angelegenheiten, freilich stets fremder Herkunft, sind dem Codex diplomaticus regni Bohemiae, der massgeblichen Edition zur böhmischen Geschichte dieser Zeiten nach, erst dem Ende der 40er bis zum Beginn der 60er Jahre des 13. Jahrhunderts zuzurechnen16. Dem kann man jedoch neuerdings einen glücklichen Fund Z. Hledíkovás aus dem Jahre 1223 voranstellen17. Es handelt sich um ein italienisches /Bologneser/ Notariatsinstrument, das aber eine Rechtshandlung betrifft, die zu Gunsten des Wyschegrader Kapitels verbrieft worden war. Dass dessen Milieu damals schon längst für diplomatisch hochentwickelt galt, ist bekannt. Deshalb muss hinzugefügt werden, dass der eben genannte Vorgang gerade deshalb wahrscheinlich keine direkten Folgen im böhmischen Umfeld veranlasste, das im allgemeinen doch rückständischer war.

Die von S. Duškova gesammelten Urkundenzeichen stets im südmährischen Material der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts verankert — ähneln zwar den Notarsigna, doch sind sie als solche im vollen Sinn des Wortes kaum zu bezeichnen18. Ebenfalls hätte es jedoch wenig Sinn, wollte man in diesem Zusammenhang diejenigen Einzelheiten mustern, die Spuren der römisch-rechtlichen Auffassung widerspiegeln19. Sicher jedoch steht, dass einheimische Belege für eine Existenz von Notariatsinstrumenten in der Přemyslidenzeit nicht bestehen und aller Wahrscheinlichkeit nach nie vorauszusetzen sind, obwohl die Bindungen an die Alpenländer in der Regierungszeit Přemysls II. eng waren, und das Notariat mittels ihrer den Weg ins Land finden konnte. Erst für das Ende des 13. Jahrhunderts ist ein alter wissenschaftlicher Streitfall anzuführen. Es handelt sich um [p. 1183] eine Interpretation der immer noch in manchen Hinsichten unklaren Gestalt des Magisters Heinrich, der des öfteren als ein in Prag tätiger öffentlicher Notar gedeutet wurde und wird. Eine kritische Analyse aus jüngster Zeit hat gezeigt, dass das höchstwahrscheinlich nicht der Fall war20, obwohl der böhmische Boden zur vollen Rezeption bereits vorbereitet war und die Existenz etlicher derartiger Notare gegebenenfalls vermutet werden darf21.

Von Vermutungen zur zweifellosen Wirklichkeit zu kommen, bedeutet, das Přemyslindenzeitalter zu verlassen und die luxemburgische Epoche zu mustern beginnen. Als angeblich erstes unbestreitbares Notariatsinstrument der böhmischen Länder galt bisher das angeblich nur abschriftlich erhaltene Stück vom 1. Februar 1313. Diese Angaben sind jedoch falsch. Das Stück ist nämlich auch im Original erhalten und gehört leider ganz zweifellos erst zum 20. Januar 1343 an22, so dass es als Beleg für die Anfänge wegfällt. Die vier in ihm erwähnten öffentlichen Notare — drei als Zeugen, einer als ausstellender Notar — gehören also auch erst dem Ende der Regierungszeit Johanns von Luxemburg an. Der älteste feste Originalbeleg gehört deshalb erst zum Jahre 1320 und betrifft das Testament eines Prager Medizinprofessors, obwohl es damals in Prag [p. 1184] bekanntlich noch keine Universität gab23, so dass es sich hier un eine Art Rätsel handelt, obwohl der Testierende sicher ein Prager und nicht Fremdling war. Jedenfalls wird damit mit grosser Wahrscheinlichkeit bestätigt, dass damals die Angelegenheiten des öffentlichen Notariats nicht gerade sehr häufig waren. Sein damaliges endgültiges Eindringen nach Böhmen lässt sich nicht näherfeststellen, doch bleibt die Hypothese der südlichen Herkunft mit eventuellen westlichen Einflüssen die legitimste. Seine Förderung oder gar seine Einführung durch obrigkeitliche Institutionen kirchlicher Natur, die z.B. in Schlesien bezeugt ist, ist für das Königreich Böhmen nicht zu belegen — übrigens ist auch die langjährige Abwesenheit des Prager Bischofs in seiner Diözese /1318-1329/ in Kauf zu nehmen. Als erster wirklich Notariatsinstrumente konzipierender öffentlicher Notar ist ein Ausländer — 1320 Thomas de Fractis24, bald jedoch sind es schon einheimische. Um und kurz nach der Mitte der Regierungszeit Johanns begint sich die Institution der öffentlichen Notare intensiv durchzusetzen.

Doch nun zu einer Rahmenstatistik, die freilich der unterschiedlichen Qualität der Belege25 wegen nur symptomatisch sein kann, jedoch auch so manch wertvolle Information vermitteln wird. Zuerst die Rahmenzahlen der Notare unter den obangeführten Regierungen [p. 1185] der einzelnen Könige. Da die Tätigkeitszeiten der Einzelnotare aus einer Regierungszeit in die andere oft fliessend übergehen, wird immer das erste Erscheinen für richtungsweisend gehalten26. Dabei wurden nur solche Personen einbezogen, die erstens aus den Diözesen Prag, Leitomischl und Olmütz stammen /gleichgültig ob nur ausserhalb dieser Kirchensprengel bezeugt, was übrigens nicht sehr häufig der Fall war/ und zweitens alle fremden Notare, die in den eben genannten Diözesen irgendwie tätig waren:

Johann v. Luxemburg /1310-1346/ 51 Notare /10 %/
Karl IV. /1346-1378/ 151 Notare /30 %/
Wenzel IV a) /1378-1400/ 167 Notare /32 %/
Wenzel IV b) /1400-1419/ 144 Notare /28 %/

Aus diesen Angaben geht eindeutig hervor, dass die Zahl der Notare anschwoll, vornehmlich dann im letzten Halbjahrhundert vor der hussitischen Revolution. Dabei darf man nicht vergessen, dass auch von den Notare der Zeit Karls IV. mehr als zwanzig eindeutig noch in die Zeit Wenzels IV. — etliche recht tief und intensiv — übergriffen. Obwohl die Zahlen der Notare längst nicht definitiv sind und kaum auch definitiv werden können27, geben sie uns eine wenigstens symptomatische Vorstellung von den buchstäblich Unmengen — sit venia verbo — dieser Beamten im böhmischen Königreich. Die letzten Worte müssen betont werden, da sonst der Eindruck erweckt werden könnte, dass die öffentlichen Notare nur in Prag und darüber hinaus nur in ganz wenigen Orten tätig waren. Das ist aber keineswegs der Fall. Es versteht sich natürlich von selbst, dass die meisten Notare bei den verschiedensten Behörden bzw. für Privatpersonen in [p. 1186] Prag amtierten. Nicht selten aber finden wir sie auch anderswo28. In Mähren natürlich vor allem in Olmütz und Brünn, den Zentren des kirchlichen bzw. städtischen Lebens im Lande, aber auch an anderen Stätten. In Böhmen sind sie mit Sicherheit in einem Dutzend königlicher und in einer bescheidenerer Zahl untertäniger Städte nachweisbar. Obwohl sich auch dabei keine kontinuierliche Linie verfolgen lässt, darf doch mit guten Gründen und mit gewisser Zurückhaltung angenommen werden, dass die öffentlichen Notare ab drittem Viertel des 14. Jahrhunderts wenigstens in geraumer Zahl in allen rund dreissig königlichen Städten in kontinuierlicher Folge ihre Tätigkeit ausübten. Dasselbe gilt auch für die übrigen königlichen Städte Mährens und zugleich für vornehmere, d.h. grössere und Residenzstädte der grossen Barone bzw. anderer Feudalherren namentlich im Süden des Landes, wo diese nicht selten die Stelle des öffentlichen Notars mit dem Amt des Stadtschreibers verbanden. Das war freilich auch in den grösseren Städten nicht selten der Fall, wo jedoch mehrere Notare nebeneinander wirkten.

Aber es waren nicht nur die Städte und ïhre Bürger, die parallel eigene städtische Beurkundungsmöglichkeiten im Rahmen der Stadtbücher sowie in den städtischen und bürgerlichen Urkunden besassen. In bedeutend grösserem Ausmasse waren es die kirchlichen Institutionen, die der Dienste des öffentlichen Notariats bedurften und sich ihrer bedienten, obwohl sich auch hier mehrere Arten von Verwaltungsbüchern, vornehmlich ab Mitte des 14. Jahrhunderts entwickelten, die jedoch ebenfalls nicht alles integrieren konnten noch wollten. Deshalb nimmt es kaum Wunder, dass verschiedene Notariatsinstrumente auch im Bereich des Klösterlichen auf dem Lande konzipiert wurden. Die Haupttätigkeit jedoch übten die öffentlichen Notare im Rahmen der kirchlichen Zentralverwaltung sowie in Sachen der Beziehungen kirchlicher Personen aller Art untereinander bzw. im Kontakt mit ihrer weltlichen Umgebung aus. Das betraf sowohl Verwaltungsangelegenheiten als auch Probleme schiedsrichterlichen [p. 1187] Charakters sowie ausgesprochen gerichtliche Angelegenheiten. Nicht unbedeutend war schliesslich die Anteilnahme der öffentlichen Notare auch an anderen Diensten, d.h. in der Hofkanzlei und im Bereich der Universität, während sie anderswo29 seltener zu belegen sind. Freilich traten sie bei diesen Anlässen meist nicht direkt im Amt eines öffentlichen Notars auf, sondern solche Qualifikation galt eher als Empfehlung bei Bewerbungen um Ämter entsprechenden Charakters.

Es wäre ferner wohl angebracht, eine rahmenweise Statistik der eigentlichen Notariatsinstrumente zu erstellen und diese in den Zusammenhang mit der Zahl der bekannten Notare zu bringen. Dabei zeigte sich, dass das Verhältnis derjenigen Notare, die tatsächlich als Aussteller von Notariatsinstrumenten bezeugt sind, gegenüber denen, die nur als solche bezeichnet werden, rund 1 : 1 ausmacht. Das kann mit gewisser Zurückhaltung so gedeutet werden, dass bei weitem nicht alle, die die Notariatsbefugnis erbaten, diese Profession auf «freiem Fuss» ausübten bzw. dauernd realisierten. Freilich muss man in Kauf nehmen, dass die Zahl der wirklich ausgestellten Notariatsinstrumente die der bis heute erhaltenen mehrfach überstieg /dabei darf man zugleich nicht vergessen, dass viele von den vor den öffentlichen Notaren vollzogenen Rechtsgeschäften nicht zu den Notariatsinstrumenten vollzogen werden mussten/. Das um so eher, da sehr viele — fast wollte man sagen, die meisten — in Hände gerieten, die keinen direkten Anschluss an institutionelle Archive hatten und deshalb auch am häufigsten mit dem Ableben ihrer Nutzniesser oder höchstens mit dem ihrer unmittelbaren Nachkommen zu Grunde gingen. Wenn wir also in aller Bescheidenheit jedem das officium notariatus ausübenben Notar nur 30-40 Notariatsinstrumente zu schreiben /was eigentlich leicht das blosse Jahrespensum eines geschickteren Notars sein konnte und deshalb als unterbewertet bezeichnet werden darf/ und nur mit rund einer Hälfte der Zahl der bekannten Notare multiplizieren /ganz darüber zu schweigen, dass sich sicher viele Notarnamen unserer Kenntnis entziehen/, bekommen wir mehr [p. 1188] als achttausend Stücke derartiger Urkunden30 während in der Tat nur ein winziges Bruchstück davon erhalten geblieben ist.

Das muss man nun kurz die heikle und nicht immer genügend gewürdigte Frage der spätmittelalterlichen Deperdita hervorheben, die ja oft sehr unterschätzt wird, während sie ganze Bereiche des mittelalterlichen Lebens betrifft. Im Zusammenhang mit dem öffentlichen Notariat müsste man überdies einkalkulieren, dass als primär die eigentliche Protokollführung zu bezeichnen ist, während die eigentlichen Instrumente nur bei konkretem Bedarf konzipiert wurden. Jedoch scheint es, dass das in Böhmen nicht immer der Fall war. Aus mehreren Einleitungsredewendungen in den erhaltenen Instrumenten geht hervor, dass die Zwischenstufe der Protokolle nicht immer nötig war.

Nun kurz zur inhaltlichen Seite der vor den Notaren erledigten Rechtsgeschäfte. Da sich der Dienste der öffentlichen Notare, wie angedeutet, verschiedene physische wie rechtliche Personen bedienten, muss im folgenden ein kurzer Abriss dieser Gruppen versucht bzw. es soll zumindest ihr Inhalt angedeutet werden. An der Spitze der breiten Skala der Rechtsakte stehen staatsrechtliche Akte, obwohl sie nicht sehr häufig waren. Doch das wiegt ihre politische Wichtigkeit aus. Parallel dazu benutzte man freilich die normalen Kanzleiausfertigungen der eigenen Hofkanzlei, derer Einfluss überwog. Sonsd konzentrierte sich die confectio instrumentorum meist in Verwaltungssachen des kanonischen Rechts, die den Grossteil der erhaltenen Belege bilden, daneben auch auf privatrechtliche Angelegenheiten im ganz breiten Sinne des Wortes, d.h. auch im Umgang von Geistlichen mit Laien und umgekehrt sowie zwischen verschiedenen Laien. Hier ist die Notariatsurkunde gleichlaufend mit den Produkten der städtischen Kanzleien bzw. den bürgerlichen Urkunden. Diese Verflechtung bzw. Absonderung — soweit überhaupt existierte — ist noch zu erforschen. Schliesslich handelte es sich um [p. 1189] gerichtliche Eingriffe, wobei jedoch die Kompetenz beschränkt war; hier konnten die öffentlichen Notare die Echtheit der vorgelegten Schriftstücke prüfen und gegebenenfalls die Absprachen der Parteien über Schiedsrichter und über ihre Aussagen beglaubigen.

Die Sozialstruktur der Schicht der öffentlichen Notare war sehr bunt und ebenso verschiedenartig war auch ihr Ansehen. Die meisten besassen freilich die niederen Weihen, viele mögen ursprünglich auch höhere Weihen besessen haben, bis es dann den letzteren der erste Prager Erzbischof Ernst von Pardubitz verbot31. Damit verfolgte er zweifellos die Absicht, die sonst zu hohe Zahl der Notare zu regulieren. Das Verbot war aber nur bedingt, denn der Betroffene konnte sich zu diesem Zweck dispensieren lassen. Die Frage nach der Existenz der Laien als öffentlicher Notare ist in den ersten Jahrzehnten fast eindeutig zu verneinen. Dagegen in den Zeiten der Wenzels Regierung kann sie als wahrscheinlich gelten, wobei freilich die Kleriker stets überwogen.

Die Ausübung der notariellen Praxis war, soweit ihre Inhaber über eine genügende Klientele verfügten, ziemlich lukrativ, so dass wir auch Notare mit grösserem Vermögen antreffen, die sogar auch als Gläubiger bei höheren Geldsummen auftraten. Die Mehrzahl der Notare musste jedoch hart um ihr Dasein kämpfen. Die Notariatsinstrumentetaxen waren zwar relativ hoch, aber mit ihrer Kassierung gab es oft Schwierigkeiten, bzw. wurden sie nicht selten in Naturalien ausbezalt. Dabei galt als selbstverständlich, dass die Dienste den mittellosen Petenten kostenlos geboten werden sollten. Inwieweit das [p. 1190] geschah, ist aus den erhaltenen Quellen nicht ersichtlich. Auch die normativen Quellen führen hier nicht allzu weit.

Im Rahmen des «Fragebogens» über das böhmische Notariat muss auch die Frage der Nationalität der Einzelnotare berührt werden. Die Aussagekraft der Einzelbelege schwankt, denn mit Ausnahme der Ausländer — soweit sie im Rahmen ihrer Namen auch den Herkunfsort angeben — kann man an die tschechische bzw. deutsche Herkunft bloss aus den Namenformen bzw. Herkunftsprädikaten Schlussfolgerungen ziehen, die meist nicht eindeutig genug sind. Was zuerst die Ausländer anbelangt, so sind sie nicht sehr häufig, doch kann ihre Anzahl auf rund 4 % geschätzt werden. Manche von ihnen kommen aus entfernten Gegenden, bis aus Frankreich und Italien, öfter begegnet man Personen aus benachberten Diözesen, also Notare deutscher Abstammung. Umgekehrt kann man auch einheimische Notare ausserhalb des Königreichs antreffen meist in Schlesien /umgekehrt tauchen auch die Schlesier öfter in Böhmen und Mähren auf/, selbst an der Kurie. Dei nationale Zusammensetzung der einheimischen Notare schliesslich kann nur rahmenweise geschätzt werden, wobei mit gewissem Übergewicht des tschechischen Elementes zu rechnen ist, doch lange nicht in so eindeutiger Form, wie bisher angenommen32.

Über die Ausbildung der Notare wissen wir wenig. Die noch im ausgehenden 13. Jahrhundert bestehende Wyschegrader Schule des Henricus Italicus /auch de Isernia/ bildete eine Art Ausnahme33; sie orientierte sich allgemein an die ars notarialis. Sonst müssen wir annehmen, dass verschiedene niedere Schulen für die Anfangsgründe der ars dictandi zuständig waren, später auch /nach 1348/ die Prager Universität, wobei immer noch viel vom privatem Interesse abhing wie es die «Zulassungsprüfungen» des Prager Erzbischofs erweisen34.

Die Notarsernennungen sind ausdrücklich ab 1317 bezeugt. [p. 1191] Obwohl — besonders in der Anfangszeit — auch Notare aus päpstlicher Macht /freilich ebefalls meist delegiert/ bezeugt sind, sind es später ganz überwiegend Notare aus kaiserlicher Macht, d.h. aus der Macht des böhmischen Herrschers. Dieser gebraucht sein Recht in den meisten Fällen auch vermittelt. Während der Prager Erzbischof in des Herrschers Vertretung sozusagen freie Hand über die Anzahl der ernannten Notare hatte, besassen andere Würdenträger dieses Recht nur für eine bescheidene und feste Zahl von Ernennungen.

Die Produkte der öffentlichen Notare im böhmisch-mährischen Raum waren desselben Charakters wie anderswo, d.h. einerseits Protokolle der von ihnen geführten Verhandlungen, andererseits eigene Instrumente. Auch Formulare sind in relativ grosser Anzahl erhalten, sie bilden jedoch eine ganz autonome Gattung, der hier keine Aufmerksamkeit gewidmet werden kann, obwohl sie zweifellos oft bei der konkreten Arbeit herangezogen wurden, also nicht nur als Schulbehelfe dienten35. Die Protokolle bzw. Register — die Bezeichnung Imbreviatur findet man in den böhmisch — heimischen Quellen nicht — waren sicher verbreitet, da ihre Anlegung öfter von der Obrigkeit befohlen wurde36. Da die Notare unseres Raumes und Zeitalters keine eigene Organisation herausbildeten, die um ihre kontinuierliche Tätigkeit und Nachlässe Sorge getragen hätte, wie es oft, vor allem in Italien und Spanien, der Fall war, ist diese Quellengattung recht spärlich bezeugt. Es war zwar sicher auch in Böhmen üblich, dass die Agende eines Notars an seinen Nachfolger überging, der dann verpflichtet war, diese Register — höchstwahrscheinlich meist in freien Einzelblättern geführt — bei Bedarf auch nachträglich zu Wort zu bringen, doch hielt man sich nicht konsequent daran, so dass es kaum Wunder nimmt, dass diese Unterlagen meist in der zweiten, spätestens in der dritten Generation zu Grunde ginge. So sind die Notariatsinstrumente allein als Produkte dieser Notare erhalten geblieben, soweit sie in den Epfängerarchiven Zuflucht fanden.

[p. 1192] Die äussere Form der Notariatsinstrumente bewahrt rahmenweise die allgemein übliche Grundausstattung, doch sind gelegentlich auch etliche Abschweifungen zu merken, denen im Moment nicht nachgegangen werden kann. Zumindest zwei verdienen eine Erwähnung. Erstens sind es zeitweise Besiegelungen von Einzelschriftstükken /die Siegelanhängungen bezogen sich nicht an die eigentliche Beurkundung, sondern galten als Konzession den Forderungen des heimischen Rechts/, zweitens ganz seltene Ausfertigungen mit Doppelsignaturen der Notare. Dabei muss man sich vergegenwärtigen, dass auch anderswo37 solche «Anomalien» zu finden sind und daher nicht näher beschrieben werden müssen. Ebenfalls stellen die einzelnen Stadien der Beurkundung der Notariatsinstrumente auf Grunde der Imbreviaturen — soweit überhaupt erkennbar — den üblichen Fortgang vor, so dass im Rahmen dieses knappen Überblickes über sie nichts mehr zu sagen ist. Trotz des zunehmenden Eindringens der Nationalsprachen in das böhmische Urkundenwesen /ab Anfang des 14. Jahrhunderts Deutsch, von den 70 er Jahre desselben Jahrhunderts an auch Tschechisch/ gilt als einzige Sprache des öffentlichen Notariats ausschliesslich Latein.

Für die weite Verbreitung des Notariatsinstruments im böhmischen Raum und dessen weitgespannten Gebrauch bis in die höchsten Ebenen darf ich ein kleines Beispiel anführen, das zugleich die Vorsicht der kurialen Behörden illustriert: im Jahre 1395 wollte ein böhmischer Priester auf Grund eines falschen Notariatsinstrumentes ein Pfarrbenefizium gewinnen. Das gelang ihm aber nicht. Das Instrument schien dem kurialen Generalauditor — vor den der Streit gekommen war — augenscheinlich verdächtig. So bekannte sich der Betroffene /also der, der diese Instrument verlogte/ — offenbar notgedrungen — freiwillig zu dessen Fälschung. Das half ihm offenbar nicht sehr, da die darausfolgende Strafe ziemlich hart formuliert [p. 1193] erscheint38. Leider wissen wir über die Einzelheiten des Verfahrens so gut wie nichts, so dass daraus keine konkreten Folgen mehr gezogen werden können. Gar den Namen des Notars kann man nicht ermitteln, soweit er nicht überhaupt frei ausgedacht wurde.

Ich darf zusammenfassen. Das öffentliche Notariat in den böhmischen Ländern fand nach den ersten zur Zeit der letzten Přemysliden versuchten Ansätzen während der luxemburgischen Epoche einen festen Platz im öffentlichen Leben des Landes und leistete einen bedeutenden Beitrag zur Rechtssicherheit Böhmens und seiner Bewohner, obwohl sich nicht alle Bevölkerungsschichten seiner im gleichen Masse bedienten. Das kirchliche und das städtische Milieu standen dabei mit verschiedenem Akzent im Vordergrund. Über eine regionale Spezifik dieser Institution in den Ländern der böhmischen Krone kann man vorläufig noch nicht sprechen und wahrscheinlich hat es eine solche auch nie gegeben, doch hier liegt künftigen Forschungen noch ein breites Wirkungsfeld offen, was ebenfalls über die inhaltliche Auswertung der Instrumente gilt.


1 Vgl. Fritz Luschek, Notariatsurkunde und Notariat in Schlesien von den Anfängen /1282/ bis zum Ende des 16. Jahrhunderts, Weimar 1940/= Historisch diplomatische Forschungen 5/. Dazu knapp Jindřich Šebánek in Časopis Matice moravské 65, 1943, S. 221 f. Die polnische Nachkriegsforschung hat sich mit diesem Thema eher nur am Rande beschäftigt /s. Karol Maleczyński – Maria Bielińska – Antoni Gąsiorow – SKI, Dyplomatyka wieków średnich, Warszawa, 1971, S. 134/.

2 Darüber umfangreiche ältere Literatur, die nicht näher zitiert werden braucht, da sie hier im Beitrag von György Györffy und István Borsa bearbeitet wird.

3 Vornehmlich sind seine Bände der Regesta diplomatica nec non epistolaria Bohemiae et Moraviae zu nennen /Bd. 2-4, Pragae 1882-1892/. Sonst vgl. über ihn Ivan Hlaváček in seiner biographischen Skizze, vorläufig im Druck.

4 Kanceláře a pisaři v zemích českých za králuͦz rodu lucemburského Jana, Karla IV. a Václava IV. /1310-1420/, Praha 1892, s. 222-234 /Text/ und s. 234ff. /Verzeichnis der Notare mit knapper Zusammenfassung der Quellen/.

5 Veřejní notáři y českých městech, zvláště v městech pražských, Praha 1940. Diese Arbeit umfasst 130 Seiten und sollte im zehnten Band des Sborník příspěvkuͦk dějinám hlavního města Prahy erscheinen, was jedoch wegen des Krieges weder damals noch später geschah. Deshalb sind nur hundert Exemplare der Separatdrucke erhalten geblieben, die bibliographische Seltenheit darstellen.

6 Einflüsse des römischen Rechts in Böhmen und Mähren, Mediolani 1975/= Ius Romanum medii aevi V, 11/, vornehmlich S. 44-48.

7 Über seine Kanzlei und Urkunden Jindřich Šebánek – Saša Dušková, Das Urkundenwesen König Ottokars II. von Böhmen I-II, Archiv für Diplomatik 14, 1968, S. 302-422 und 15, 1969, S. 251-427.

8 Weiterführende konkrete bibliographische Angaben im unten Anm. 10 angeführten Sammelwerk, vornehmlich die Arbeiten J. Šebáneks und R. Novýs.

9 Wie Anm. 8, vornehmlich dann die Arbeiten J. Šebáneks und S. Duškovás.

10 Darüber die betreffenden Kapitel in Kollektivwerk Česká diplomatika do roku 1848, Praha 1971. Die quantitativen bzw. qualifizierenden Analysen siegelkundlichen Charakters stehen jedoch bedauerlicherweise aus.

11 Darüber mehrere Arbeiten von Zdeňka Hledíková /am ausführlichsten in: Úřad generálnich vikářuͦ pražského arcibiskupa v době prřdhusitské, Praha 1971; sonst werden die diesberzüglichen Titel regelmässig im Anzeigenteil des Deutschen Archivs für Erforschung des Mittelalters registriert/.

12 Vgl. Jindřich Šebánek – Saša Dušková, Aus der Vorgeschichte der Notariatsurkunde in den böhmischen Ländern, Sborník prací filozofické fakulty brněnské univerzity Reihe C Bd. 20, 1973, S. 131-141.

13 Wie vorige Anm. S. 134, wo auch ältere Kontroversen verzeichnet werden. Durch einen Druckfehler heisst es dort König Wladislaus II.

14 Wie in Anm. 12 S. 134f.

15 Codex diplomaticus et epistolaris regni Bohemiae 2, ed. Gustavus Friedrich, Pragae 1912, Nr. 216.

16 Bd. 4, edd. Jindřich Šebánek et Saša Dušková, Pragae 1962, Nr. 99 und Bd. 5, edd. dieselben, Pragae 1974ff., Nr. 82, 111, 390 und Šebánek /wie Anm. 12/, S. 134.

17 Ke kulturním poměruͦm vyšehradské kapituly počátkem 13. století, Folia historica Bohemica 2, 1980, S. 129-173, Edition des diesbezüglichen Notariatsinstrumentes ebendort S. 151-153.

18 Dušková /wie Anm. 12/ S. 137-140.

19 Darüber ausführlich Boháček /wie Anm. 6/ und DERS., Římské právo v listinné praxi českých zemí 12.-15. století, Sborník archivních prací 24, 1974, S. 461-468.

20 Die Zusammenfassung der Ergebnisse S. Duškovás bei Šebánek /wie Anm. 12/ S. 133. Duškovà hat verdienstvollerweise auch nachgewiesen, dass der angebliche Beleg für die Ernennung des öffentlichen Notars durch den König /der bloss in der Formularfassung existiert/ nicht an das böhmische Milieu bezogen werden darf, da es sich um blosse Übernahme des Petrus de Vinea Formel handelt /s. Saša Dušková, Die Brünner… Konferenz…, Sborník prací filozofické fakulty brněnské univerzity Reihe C Bd. 17, 1970, S. 165f.

21 Vgl. auch die Einleitung bei Johann Loserth, Das St. Pauler Formular. Briefe und Urkunden aus der Zeit König Wenzels II., Prag 1896.

22 Nuhličeks falsche Datierung /wie Anm. 5, S. 81f. u.a./ wird noch durch Bohácěek /wie Anm. 6, S. 44/ übernommen. Der Fehler wird von der Edition Emlers in Regesta /wie Anm. 3/ 3. Nr. 123 abgeleitet, die eine neuzeitliche und sehr verstümmelte Kopie folgt, während im Prager Zentralarchiv /Praha, Státní ústèední archiv/ Original aufbewahrt wird /sign. ŘA Kěč 407, 35/2/1/, das sich eindeutig zum obangeführten Datum meldet. Die abschriftlichen Verballhornung ist davon abzuleiten, dass der Kopist Clemens V. mit Clemens IV. verwechselte und deshalb die Pontifikatsjahre «verbesserte» /statt ein liest man bei ihm acht/. Das ist jedoch vollkommen unmöglich, was auch aus der Nennung von zwei Pfarrherren der Prager Altstadt hervorgeht, die ebenfalls erst in den vierziger Jahren auftauchen /vgl. Vácslav Vladivoj Tomek, Dějepis města Prahy 12, Praha 1892, S. 622/.

23 Artis medicinalis professor /ed. in Regesta etc. wie Anm. 3, Bd. 3, Nr. 614/ Da Emler weder die Signumzeile des schreibenden Notars noch die durch eine andere Hand geschriebene Zeugenformel druckt, scheint es mir angebracht zu sein, das nachzuholen: Et ego Thomas de Fractis, publicus apostolica et imperiali auctoritate notarius, predictis omnibus et singulis una cum dictis testibus presens interfui et omnia et singula ad preces supradicti magistri Johannis testatoris scripsi et publicavi meamque consueto signo signavi. /Neue Zeile, andere Hand/ In quorum omnium testimonium et evidenciam pleniorem nos Hinco prepositus, Voyzlaus decanus et Thomas archidiaconus Pragensis ecclesie ad predicti magistri Johannis testatoris preces et instanciam omnia et singula supradicta sic in presencia notarii et testium suprascriptorum sollempniter acta et per notarium ipsum scripta ac in publicam huiusmodi instrumenti formam redacta sigillorum nostrorum fecimus appensione muniri. Actum et supra /Orig. Státní ústřední archiv v Praze I., ŘD sv. Anna sub dató/.

24 Bei Nuhlícček zwar schon Nr. 11, doch ist er Verfasser des ersten wirklich erhaltenen Instruments /vgl. vorige Anm/.

25 Besonders ist hervorzuheben, dass die sekundären Quellen ab Mitte des 14. Jahrhunderts unvergleichlich reichlicher fliessen — vornhmlich dank den Bücherreihen der kirchlichen Zentralverwaltung.

26 Als Ausgangspunkt gilt zwar das Verzeichnis von Nuhlíček /wie Anm. 5/, doch einerseits um neue Funde vermehrt, andererseits um mehrere dubia bereinigt /Nuhlíčk führt in seiner Liste auch verschiedene Notare an, die kaum als tabelliones gelten können und in Wirklichkeit auch nicht den Titel des notarius publicus besassen/, wobei auch alle reinen Silesiaca beiseite gelassen wurden.

27 Dabei fällt auf, dass — wegen der Quellenüberlieferung — mehr Namen aus der Zeit Johanns in Vergessenheit gerieten bzw. geraten konnten als es in den späteren Zeiten der Fall war. Trotzdem sind die Unterschiede auffallend.

28 Nach dem Verzeichnis Nuhlíčeks /wie Anm. 5/ 2.28, dessen Zusammenstellung jedoch nur undeutliche Vorstellung in dieser Hinsicht erlaubt.

29 Aufgezählt bei Nuhlíček /wie Anm. 5/, S. 37ff.

30 In dem bisher bekannten Material finden wir natürlich nur einen Mann, der nachweislich mehr als zwanzig und drei weitere, die mehr als zehn Stück produziert haben /vgl. Nuhlíček, l.c., Nr. 287, 156, 292 und 322/. Sämtlich handelt es sich um Leute aus der Regierungszeit Wenzels IV.

31 Da das Stück nur formularartig erhalten geblieben ist, läss es sich nicht genau chronologisch cinordnen. Doch fällt diese Verordnung sicher vor dar Jahr 1364 /s. Ferdinand Tadra, Cancelleria Arnesti, Archiv für österreichische Geschichte 61, 1880, S. 492ff.; vgl. auch Nuhlíček, l.c. S. 23/. Diese Anordnung wiederholt sich dann noch in den Synodalstatuten der folgenden Jahre, so dass es sich sicher laufend um aktuelle Frage handelte /s. Jaroslav V. Polc, Statutes of the Synods of Prague 1362-1395, Apollinaris 52, 1979, S. 511 und 516, wobei 1374 allgemein über Kleriker in sacris ordinibus gesprochen wird, denen die Ausübung des officium tebellionatus publici notarii per civitatem et diocesim Pragensem verboten wird und derer eventuelle künftighin ausgestellte Instrumente nullius firmitatis sich freuen durften. Ob man daraus folgern kann, dass sie ausserhalb des Prager Kirchensprengels diese Profession ausüben konnten, wage ich nich zu entscheiden.

32 So Nuhlíček, l.c. S. 27, der die Zahl der Deutschen in Böhmen auf nur rund 2 % /in Schlesien 5 %/ abschätzt.

33 Darüber vgl. auch Peter-Johannes Schuler, Geschichte des südwestdeutschen Notariats. Von seinen Anfängen bis zur Reichsnotariatsordnung von 1512, Bühl /Baden/ 1976, S. 31f.

34 Nuhlíček, l. c., S. 21.

35 Ebenda, S. 64ff.

36 Ebenda, S. 61ff.

37 Schuler /wie Anm. 33/, S. 205ff.

38 Da mir das ganze Verfahren interessant und lehrreich erscheint, zitiere ich die ganze Passage des päpstlichen Registers. Bonifaz IX. schreibt an den Generalauditor folgendes: … prefatus Wenceslaus de Swegieteyn coram te de quodam falso publico instrumento per ipsum fabricato delatus seque huiusmodo falsum instrumentum confecisse coram te sponte confessus fuerit, tuque propterea contra ipsum Wenceslaum de Swegieteyn ex officio procedens, per tuam diffinitivam sentenciam eum tamquam falsarium ad standum in scalis publicis cum mitra in capite et titulo delictorum diebus et horis per te tunc assignatis et in clauso carcere per te sibi deputando condemnaveris… /vgl. Monumenta Vaticana res gestas Bohemicas illustrantia 5, -1 ed. Camillus Krofta, Pragae 1903. Nr. 909; vgl. auch Tadra, wie Anm. 4, S. 192/.